Best-of-Optimismus

Employer Branding

Warum wir mehr positives Denken im Berufsalltag brauchen und welcher Optimist am weitesten kommt.

Optimismus ist der Motor des Kapitalismus, glaubt der Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman. Optimismus kann Karrieren und Innovationen vorantreiben. Er ist ein wichtiger Rohstoff für jedes Unternehmen, titelte das Handelsblatt. Ein Rohstoff, dessen Bedeutung allerdings unterschätzt wird. Unsere Gesellschaft kann eine zusätzliche Portion Optimismus gut vertragen. Gerade in einer Zeit, in der Bremser, Bedenkenträger und Mauerbauer apokalyptische Szenarien prophezeien.

Gemäß der Optimismus-Forschungsstudie gibt es im deutschsprachigen Raum fünf Optimismus-Typen: Vier dieser Typen helfen, das Leben besser zu bewältigen, aber nur ein Typ, der Best-of-Optimist, ist ein echter Karriereförderer. Er kombiniert gekonnt Ehrgeiz, Zukunftsglauben, Machbarkeitsanalysen und Durchsetzungsstärke.

Hoffnungsvolle Chancensucher

Nun ist der deutschsprachige Raum nicht gerade für seinen Optimismus bekannt. Auf den ersten Blick. Aber Deutschland, Österreich und die Schweiz sind wesentlich optimistischer, als manch einer denken mag. Jedoch nicht im amerikanischen Sinne eines „Hoppla-hier-komme-ich-Optimismus“. Hierzulande wird ein dezenter „Sekundärer Optimismus“ gepflegt, der aus einem differenzierten Vierklang besteht und der weit über den Appell „Wir schaffen das“ hinausgeht:

  1. Chancen werden gesehen, ohne die Risiken zu ignorieren.
  2. Es wird abgewogen, ob sich der Einsatz für das Projekt lohnt.
  3. Wenn ja, werden die entsprechen den Maßnahmen eingeleitet.
  4. Diese Entscheidungen werden mit einem Erfolgsglauben und einem beeindruckend langen Atem, auch gegen Kritik, durchgezogen.

Der Sekundäre Optimismus beginnt also nicht mit einem Lächeln, sondern mit einer ernsthaften Machbarkeitsprüfung, die erst im zweiten Schritt in eine Erfolgseuphorie mündet. Best-of-Optimisten sind deswegen hoffnungsvolle Chancensucher. Sie sehen das Leben positiv, selbst wenn gerade nicht alles optimal verläuft. Sie verschwenden kaum Gedanken an Realitäten, die sich gegenwärtig nicht ändern lassen. Sie konzentrieren sich auf das, was Erfolg verspricht, auch wenn dazu viele kleine Schritte nötig sind. Und sie werden bevorzugt ab einer 51-prozentigen Erfolgschance aktiv.

Best-of-Optimisten sind also alles andere als naiv, sondern wichtig für unsere Berufswelt, weil sie die Zukunft erfolgreich denken können, lange bevor sie begonnen hat. Ein unschätzbarer Wert für jeden Fortschritt.

Welcher Optimismus-Typ sind Sie?

Best-of-Optimisten unterscheiden sich durch Ehrgeiz und Innovationsbereitschaft von den anderen vier Typen. Diese Optimismus-Typen sichern einem ein zufriedeneres Berufsleben und sind damit jeder larmoyanten Haltung überlegen. Als Karrierebeschleuniger taugt aber vor allem der Best-of-Optimist.

Zweckoptimisten sind feine Menschen mit langem Atem. Sie sind besonders in sozialen und in Bildungsberufen oder auch in Change-Prozessen gefragt, wenn es notwendig wird, dem Unangenehmen positive Seiten abzugewinnen. Selbst dann, wenn die Umstände kaum veränderbar sind, weil sie etwa durch Krankheiten oder Umstrukturierungen ausgelöst sind. Zweckoptimisten demonstrieren Durchhaltevermögen und wünschen sich, im Gegenzug etwas Bewunderung zu ernten. Zweckoptimisten lieben Zuschreibungen wie: „Der gibt nie auf“ oder „Unglaublich, was die für einen Willen hat“. Sie sind kämpferisch, auch bei geringen Erfolgsaussichten, weil sie Unveränderbares akzeptieren und sich trotzdem engagieren. Sie verzerren die Realität für eine gute Sache, wenn sie etwa dem erfolglosen Selbstständigen Trost spenden. Sie lieben es, den Keim der Hoffnung in die Welt zu setzen und genießen es, wenn er wächst.

Der naive Optimist ist voller Tatendrang und neigt dazu, blind vor Begeisterung über seine Ideen und über sich selbst zu sein. Hindernisse? Werden ignoriert. Die Hoffnung, die er verbreitet, ist wohltuend, wenn auch trügerisch. Sollte er nicht mehr weiterwissen, ist er davon überzeugt, dass das Glück ihm hold ist und den richtigen Weg zeigen wird. Deswegen bestellt er im Gourmettempel auch Austern, weil er auf die Perle hofft, mit der im Anschluss die Rechnung bezahlt werden kann.

Naive Optimisten sind umtriebig, risikofreudig und charmant: Es macht Spaß, mit ihnen Essen zu gehen, es ist geistreich und das Gegenteil von Langeweile. Sie lieben es, wenn man ihnen zuhört. Irgendwann widmen sie sich auch ihrem Gesprächspartner und sagen: „Lass uns jetzt auch einmal über dich sprechen, sag mal, wie findest du mich eigentlich?“ Dieser Optimismustyp ist ein Meister der Selbsttäuschung, denn er lenkt unsere Erwartung auf einen besseren Ausgang, ohne dass hinreichende Beweise dafürsprechen – mit zum Teil verblüffend positiven Folgen, weil der gemeinsame Glaube Berge versetzen kann. Die Neurowissenschaftlerin Tali Sharot bezeichnet dieses paradoxe Phänomen als „Optimism Bias“. Naiver Optimismus ist also an sich nichts Schlechtes. Er ist nur eine Frage der Dosis.

Heimliche Optimisten verkörpern die Mehrheit der Optimisten im deutschsprachigen Raum. Sie nehmen das Übelste an, denn dann kann es nur besser werden. Dieser Minimalismus macht ihnen gute Laune. Die perfekte Enttäuschungsprophylaxe? Sie erscheint ihnen zumindest als der sicherste Weg zur Zufriedenheit. Heimliche Optimisten definieren sich daher als defensive Glückssucher, weil sie ihre niedrigen Erwartungen schnell übertreffen. Sie sagen daher nie zu Jahresbeginn: „Ich glaube, wir haben unser erfolgreichstes Jahr vor uns!“ Die Messlatte liegt dann einfach zu hoch. Ihnen reicht das gute Gefühl, dass sie loslegen könnten, wenn sie wollten. Aber dieses Wissen entspannt sie so sehr, dass sie Projekte nicht konsequent angehen.

Der altruistische Optimist ist selbstlos, rücksichtsvoll und hat sich seinem Schicksal ergeben. Im Grunde ist er das Gegenteil eines Egoisten. Er denkt an das Wohl der anderen. Kein Wunder, dass dieser Optimismus-Typ oft in helfenden Berufen zu finden ist. Altruistische Optimisten sind begeisterungsfähig, aber inkonsequent, denn sie wollen sich nicht durch ihre eigenen Träume unter Druck setzen lassen. Sie tun wenig, um Dinge zu realisieren, die sie sinnvoll finden, denn sie setzen geduldig darauf, dass ihre Ideen automatisch gelingen. Vor dem Erfolg kommt hier kein Schweiß. Alles wirkt entspannt, ohne sich übermäßig zu verausgaben. Ein Erfolgsmodell ist das aber nicht.

Ganz im Gegensatz zum Best-of-Optimist. Der sucht den Erfolg. Bei ihm wechselt sich maßvolle berufliche Risikobereitschaft mit Konsolidierungsphasen ab. Er weiß, dass Karriere ein Marathonlauf ist, bei dem die Work-Life-Balance stimmen muss. Er zeichnet sich durch eine geistige Flexibilität aus, denn er denkt vom Ende her und hat das Spitzenergebnis schon vor Augen. Und was er da sieht, gefällt ihm. Aber er beharrt nicht darauf: Wird die Zielerreichung unwahrscheinlich, verabschiedet er sich schnell wieder von dem Ziel. Er ist in dieser Hinsicht kein bisschen sentimental.

Der Best-of-Optimist hat also ausgeprägte adaptive Bewältigungsstrategien und ist anpassungsfähig. Er ist Gestalter und Verantwortungsträger, sozial eingebunden und erstklassig vernetzt. Seine Kraft zieht er aus gemeisterten Krisen.

Der Above-Average-Effekt ist dabei einer seiner Schlüssel zum Erfolg: Er empfindet sich bereits mit seinem mitreißenden Wesen als überdurchschnittlich. Dabei verschließt er nicht die Augen vor möglichen Konflikten. Schließlich ist er nicht weltfremd. Aber sein Best-of-Optimismus gibt ihm die Kraft, in seinem Einflussbereich dafür zu sorgen, dass sein Geschäft und im besten Fall auch die Gesellschaft jeden Tag ein Stück besser wird.

 

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Foto: Michael Kottmeier, K-film

Jens Weidner

Professor für Erziehungswissenschaften
Jens Weidner ist Professor für Erziehungswissenschaften. Als Mitglied im Hamburger Club der Optimisten will er pessimistischen Deutschen mehr Optimismus beibringen.

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