Wie man einer Karriereseite den X-Faktor verpasst

Recruiting

Wie gestaltet man eine Karriere-Website, die sich von der Masse abhebt? Andreas Herde von YeaHR gibt Tipps.

Über die Qualität von Karrierewebseiten wurde schon viel geschrieben, geforscht und besonders aus Nutzersicht auch lamentiert. Dabei wird allerdings all zu oft über die Pflicht und viel zu selten über die viel erforderlichere Kür gesprochen. Über diese Kür, also darüber, wie man es schafft, eine Karrierewebseite mit Pfiff zu kreieren, eine Seite, die nicht 08/15, sondern wirklich etwas Besonderes ist, auffällt und aus der austauschbaren großen Masse heraus sticht – darum soll es hier gehen.

Das Abarbeiten der Pflicht reicht nicht

Um den Puristen gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen: Natürlich müssen Pflichtaufgaben wie intuitive Navigation, Übersichtlichkeit, Mobilfähigkeit, zielgruppengerechte Ansprache, SEO-Optimierung und all diese Dinge handwerklich sauber umgesetzt werden.

Sind diese Pflichtelemente abgearbeitet, dann ist das Ergebnis wahrscheinlich eine halbwegs brauchbare Karrierewebseite. Doch das reicht nicht. Denn das Resultat ist beliebig, einfach nichts Besonderes und der Arbeitgeber schwimmt nur irgendwie in der grauen Masse mit.

Eine Studie, die Talents Connect mit dem Marktforschungsunternehmen Respondi kürzlich unter Nutzern von Karrierewebseiten durchgeführt hat, zeigt, wie erschreckend krass die beschriebene Austauschbarkeit von Karriereseiten empfunden wird. Exemplarisch genannt seien nur zwei Werte: 77 Prozent der befragten 1.010 User hielten die Tonalität der Arbeitgeber auf deren Karrierewebseiten für austauschbar, 74 Prozent fällten das gleiche Urteil über die benutzten Bilderwelten.

Bunter Hund statt graue Maus: Der X-Faktor muss her!

Wenn Sie für Ihr Unternehmen die Wahl hätten, welchen Effekt würden Sie bei Kandidaten mit Ihrer Karrierewebseite lieber erzielen: auffällig zu sein wie der sprichwörtliche bunte Hund oder unauffällig wie die ebenso sprichwörtliche graue Maus? Wofür würden Sie sich entscheiden?

Nötig sind Elemente, die den Besucher der Karriereseite dazu bringen, sich zu erinnern und ein Unternehmen in der großen Masse klar von anderen unterscheiden zu können. Wünschenswert ist der Effekt: „Ach ja, das waren ja die mit dem…“. Dazu wird der X-Faktor für Karrierewebseiten benötigt. Ein solcher lässt sich auf mehreren Ebenen herstellen.

Gestalten Sie die Karrierewebseite konsequent „on brand“

Wenn sich Ihre Karrierewebseite perfekt an die (Arbeitgeber-)Marke oder Ihre Markenwerte anpassen würde, was würde sie tun? Wie würde sie aussehen? Oder sich verhalten?

Wenn Ihnen zum Beispiel Nachhaltigkeit wichtig ist, kann ich die Seite dann zum Energiesparen auf schwarz umstellen? Im Rahmen der Arbeitgebermarke für die Ströer SE & Co. KGaA unter dem Motto „Jump into Ströer“ springt beim Scrollen eine junge Dame über den Bildschirm. Das ist nicht sonderlich kompliziert, aber spürbar anders und zahlt vor allem visuell auf das Kampagnenmotto ein. So etwas bleibt in Erinnerung.

Die Karriereseite des mittelständischen E-Commerce-Anbieters Shopmacher ist komplett wie ein Online-Shop gestaltet und umgesetzt. Der Shopmacher-Jobshop kombiniert das Recruiting symbiotisch mit dem Kerngeschäft des Unternehmens. Vakanzen werden wie Produkte in einem Webshop präsentiert. Die Produkt- wird zur Jobbeschreibung. Ein Job kann in den Warenkorb gelegt werden, “Jetzt kaufen” heißt “Jetzt bewerben”. Als “Zahlarten” gibt es diverse Möglichkeiten, Lebensläufe zu übermitteln – der Link aufs Xing-Profil ist die “Sofortüberweisung” – wer per sich per Empfehlung bewirbt, kann einen “Rabatt-Code” eingeben. Das ist 100% on brand.

Quelle: www.shopmacher.de/jobshop
Quelle: www.shopmacher.de/jobshop

Wie erfolgreich solche On-Brand-Karrierewebseiten sind, zeigt nicht nur die Auszeichnung des JobShops mit dem HR-Excellence-Award als Karrierewebseite des Jahres, sondern auch das Feedback von Bewerbern, die mittlerweile bei den Shopmachern arbeiten.

Quelle: www.shopmacher.de/jobshop
Quelle: www.shopmacher.de/jobshop

Clevere Features und Funktionen können den Unterschied machen

Vielleicht ist es aber auch gelegentlich das eine kleine Gimmick, das den Unterschied macht? Ein Feature oder eine Funktion, die in Erinnerung bleibt. Bei Ströer gibt es einen Arbeitgeberfilm, der sich auf dem Mobiltelefon nur in der korrekten Geschwindigkeit anschauen lässt, wenn man dabei springt. Sie erinnern sich? „Jump into Ströer“. Ob der Bewerber jetzt wirklich mit großem Enthusiasmus springt, sei einmal dahin gestellt. Vergessen wird er es jedenfalls nicht. Verwechselung mit einem anderen Arbeitgeber ist ausgeschlossen.

Im bereits erwähnten Jobshop gibt es ein Gehaltsvorschlagstool, mit dem Bewerber ihren Gehaltswunsch angeben können. Das ist die Übertragung eines Tools, das das Unternehmen in seinem Tagesgeschäft erfolgreich mit seinen Kunden im E-Commerce einsetzt. Jede Stelle ist zudem für jeden sichtbar und absolut transparent mit einem Preisschild – also dem vorgeschlagenen Gehalt – versehen. Diese Transparenz kann man mit Fug und Recht als revolutionär im Recruiting bezeichnen. Und so etwas bleibt eben auch in Erinnerung und unterscheidet ein Unternehmen vom Wettbewerb.

Technologische Umsetzung als Merkmal individueller Zielgruppenansprache

Manchmal liegt das Besondere auch im Backend einer Karrierewebseite, also im Maschinenraum hinter dem Frontend. Bei den Shopmachern sind eine zentrale Zielgruppe Entwickler. Diese erkennen beim Besuch des Jobshops sofort, dass hier neueste React-Technologie verbaut wurde. Das spricht an, ist extrem zielgruppengerecht und bleibt in Erinnerung.

Potenzial für einen X-Faktor steckt in jeder Karrierewebseite

Wir haben jetzt einige konkrete Beispiele kennen gelernt, die eine Karrierewebseite besonders machen, aus der grauen Masse herausheben und das jeweilige Unternehmen für Bewerber individuell und unterscheidbar machen. Das Potenzial für einen individuellen X-Faktor steckt aber in jedem Unternehmen und in jeder Karriereseite. Es muss nur erkannt und gehoben werden.

Der Appell ist: Pimp your Karrierewebseite! Die Mühe lohnt sich. Und die genannten Beispiele haben ja auch gezeigt, dass keine gigantischen Investitionen erforderlich sind, um sich abzuheben. Meist bieten sich Chancen, mit einfachsten Mitteln und kreativen Kniffen im Gedächtnis zu bleiben. Und ist man mit der Karriereseite auch noch on brand, bleibt auch gleich die Markenbotschaft hängen. Wenig Aufwand mit großem Effekt – nur machen muss man es.

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(c) YeaHR!

Andreas Herde

Andreas Herde ist Gründer und Geschäftsführer von YeaHR! und spezialisiert auf Employer Branding und Recruiting. YeaHR! wurde 2015 in Düsseldorf gegründet. Mit sechs HR Excellence Awards in unterschiedlichen Disziplinen – davon 2017 und 2020 als Personalagentur des Jahres – gehört YeaHR! zu den am meisten ausgezeichneten HR-Dienstleistern der vergangenen Jahre. YeaHR! arbeitet unter anderem für Air Liquide, die Vaillant Group, Rheinmetall, Symrise und verschiedene Ministerien und zahlreiche öffentliche Auftraggeber.

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