Kündigung: Sofortige Freistellung und Urlaubserteilung

Arbeitsrecht

Auch ohne ausdrückliche Zusage der Vergütung können Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist unwiderruflich freistellen und Urlaub anrechnen (LAG Hamm, Urteil vom 8.Mai 2019 – 5 Sa 12/19).

Nach Ausspruch einer Kündigung stehen Arbeitgeber oftmals vor dem Problem, dass dem gekündigten Arbeitnehmer noch ein hoher Resturlaubsanspruch zusteht. Gewährt der Arbeitgeber den Urlaub nicht oder kann der Urlaub aus anderen Gründen nicht mehr genommen werden, muss er diesen am Ende des Arbeitsverhältnisses in Geld abgelten (sog. Urlaubsabgeltungsanspruch). Der Anspruch ergibt sich aus dem Gesetz und kann nicht ausgeschlossen werden. Für Unternehmer kann dies teuer werden.

Anforderungen an Freistellungserklärung

Arbeitgeber verhelfen sich daher damit, Arbeitnehmer mit Ausspruch einer Kündigung beziehungsweise kurz danach unwiderruflich und unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen freizustellen. In der Vergangenheit hat das Bundesarbeitsgericht solche Freistellungs- und Anrechnungserklärungen in mehreren Fällen für nicht wirksam erachtet. Das war unter anderem dann der Fall, wenn die Freistellungen widerruflich ausgesprochen wurden, da der Arbeitnehmer dann keine Möglichkeit hat seinen durch die Freistellung gewährten Erholungsurlaub vollumfänglich zu nutzen. Er muss ständig damit rechnen, wieder zu arbeiten. Weiterhin mussten die Freistellungserklärungen hinreichend deutlich erkennen lassen, in welchem Umfang der Urlaubsanspruch erfüllt werden soll.

Das LAG Hamm hat aktuell entschieden, dass an die Erklärung nicht zu hohe Anforderungen zu stellen sind.

  • Der Arbeitgeber muss dem Mitarbeiter seine Vergütung fortzahlen, hierauf aber nicht konkret hinweisen, wenn dies unstreitig ist.
  • Zudem muss der Arbeitgeber nach Ansicht des LAG Hamm nicht explizit das Wort „unwiderruflich“ verwenden.

Eine ausdrückliche Regelung oder ein konkreter Hinweis auf die Fortzahlung der Vergütung erübrigt sich insbesondere, wenn eineVergütung für den Zeitraum der Freistellung unstreitig ist. Dies ist regelmäßig bei Freistellungen bis zum Ablauf der Kündigungsfrist der Fall.

Der Wortlaut „unwiderruflich“ ist deshalb nicht zwingend notwendig, weil der Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer keinen Anspruch hat, den Urlaub abzubrechen oder zu verkürzen, wenn die Leistungszeit einmal bestimmt ist und dem Arbeitnehmer mitgeteilt wurde. Dies widerspräche dem Sinn und Zweck des Erholungsurlaubs, nämlich der Erholung und dem Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers. Es reiche aus, wenn sich die Erteilung des Urlaubs aus der Erklärung ergibt.

Beides kann sich auch aus den Umständen des Einzelfalls ergeben.

Arbeitsleistung nicht mehr erforderlich

Haben Arbeitgeber nach Ausspruch der Kündigung keinen Bedarf mehr an der Arbeitsleistung des Mitarbeiters, so besteht die Möglichkeit, den Mitarbeiter unwiderruflich freizustellen. Grundsätzlich besteht jedoch nach Ausspruch der Kündigung die Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers fort, sodass eine Freistellung gegen den Willen des Arbeitnehmers nur möglich ist, wenn schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers überwiegen. Bei richtiger Umsetzung können Arbeitgeber die Urlaubsansprüche der Mitarbeiter anrechnen und in der Folge hohe Urlaubsabgeltungsansprüche vermeiden.

Auf die richtigen Formulierungen achten!

Achten Sie dabei auf die richtigen Formulierungen bei solchen Erklärungen. Hilfreich sind auch übliche Formulierungsmuster für ordentliche Kündigungen und ausdrückliche Hinweise auf die Unwiderruflichkeit der Freistellung und die Fortzahlung der Vergütung. Andernfalls stellen Sie Ihren Mitarbeiter frei und zahlen im Anschluss Geld für die Abgeltung des Urlaubs.

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Alexander Schlicht, Foto: Privat

Alexander Schlicht

Osborne Clarke
Alexander Schlicht ist Rechtsanwalt bei Osborne Clarke.

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