Internes Coaching – aber richtig!

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Einer der am schnellsten wachsenden Bereiche des professionellen Coachings wird heute von vielen internes Coaching in Organisationen angesehen. Es gibt jedoch eine Menge Fehlinformationen und Missverständnisse darüber, was internes Coaching eigentlich bedeutet und wie es umgesetzt werden kann. Laut der ICF 2020 Global Coaching Study, die von PriceWaterhouseCoopers (PWC) durchgeführt wurde, nimmt Coaching in Organisationen in zweierlei Hinsicht zu: zum einen werden immer mehr interne Coaches eingesetzt, zum anderen wenden Manager und Führungskräfte vermehrt Coaching-Techniken an.

Der Aufbau eines internen Coaching-Programms in Ihrer Organisation hat Vor- und Nachteile. Einer der Hauptvorteile besteht darin, dass Sie von organisationalem Lernen intern profitieren. Interne Coaches arbeiten in der gesamten Breite Ihrer Organisation und können oft Muster erkennen, die für andere nicht sichtbar sind.

Einer der Hauptnachteile sind die ethischen Dilemmata, mit denen interne Coaches oft konfrontiert sind. Sind sie vor allem loyal gegenüber ihrem Kunden oder gegenüber ihrer Organisation? Klingt nach einer leicht zu beantwortenden Frage, kann aber sehr komplex sein. Das Herzstück des professionellen Coachings ist die Vertraulichkeit. Hier helfen zum Beispiel Zertifizierungsstellen für professionelles Coaching wie die International Coaching Federation, die einen Ethikkodex zur Verfügung stellen, an den sich alle ihre Mitglieder halten.

In diesem Artikel stelle ich fünf Schlüsselthemen vor, die Sie beim Aufbau eines internen Coaching-Programms in Ihrer Organisation berücksichtigen sollten.

1. Richten Sie dieses Programm an einem klaren definierten Geschäftsbedarf aus.

Dieser wichtige erste Schritt wird den Erfolg Ihres Programms bestimmen.

  • Welche Bedürfnisse erfüllen Sie und wie artikulieren Sie das gegenüber Ihren Stakeholdern, um die notwendige Unterstützung für diese Initiative zu gewinnen?
  • Hier einige potentielle Themen, die berücksichtigt werden sollten (um nur einige zu nennen): Handelt es sich ausschließlich um eine Entwicklungsinitiative? Betreten Sie neue Märkte? Sind Sie gerade in einem Fusions- oder Übernahmeprozess? Handelt es sich um eine Unterstützungsfunktion für neue Führungskräfte?

2. Entwickeln Sie Ihre Coaching-Strategie.

  • Definieren Sie den Umfang – wer wird gecoacht und von wem, wie viele Stunden usw.
  • Welche Art von Coaching bieten Sie an? Geht es um Leistung, Führungsentwicklung, Karriere, persönliche Entwicklung, um nur einige zu nennen?
  • Legen Sie das Budget fest – Können Sie diese Initiative mit ausreichenden Ressourcen ausstatten? Wenn nicht, was müssen Sie tun, um das zu gewährleisten?
  • Governance-Modell – Brauchen Sie ein solches? Einige Organisationen, die ich gesehen habe, halten dies für unerlässlich, andere wiederum halten es nicht für notwendig? Wer ist wofür verantwortlich? HR, Organisationsentwicklung, Geschäftsführung, Manager, Führungskraft, Lead Coach, …
  • Evaluation des Programms – Von wem wird evaluiert, an wen wird berichtet, wie oft, wie wird der Prozess dafür aufgesetzt, etc.
  • Nachhaltigkeit – Wie können Sie den Erfolg dieses Programms auf längere Sicht sicherstellen? Wie sieht Ihr Kontinuitätsplan aus?

3. Entwickeln Sie Richtlinien und Verfahren.

  • Sie werden bestimmen müssen, von wem was benötigt wird.
  • Bedenken Sie dabei, dass diese Grundsatz- und Verfahrensdokumente einer ständigen Überprüfung bedürfen: Kommunikationsplan, Verträge, Meeting Räume, Definition von Rollen und Verantwortlichkeiten, Speicherung von vertraulichen Dokumenten, Feedback-Prozesse, etc.

4. Auswahl

  • Legen Sie Auswahlkriterien für Interne Coaches fest. Stellen Sie interne Coaches ein oder entwickeln Sie sie von innen heraus?
  • Verlangen Sie professionelle Coaching-Zertifikate? Eines der interessantesten Dinge, die ich hier sehe, ist, dass Organisationen oft von externe Coaches verlangen, ein Zertifikat eines professionellen Coaching- Verbands vorzuweisen und regelmäßig Supervision in Anspruch zu nehmen, bei der Auswahl interner Coaches werden diese Anforderungen jedoch nicht gestellt.
  • Bestimmen Sie die Auswahlkriterien für den Lead Coach, wenn Sie diese Position vergeben. Welche Managementfähigkeiten benötigt diese Person? Benötigt sie ein bestimmtes Maß an Coachingexpertise? Welche Führungsqualitäten braucht sie? Welche anderen Fähigkeiten sind hier wichtig?
  • Bestimmen Sie Ihre Matching-Kriterien für Coach und Coachee.

Die Unternehmensanforderungen geben Ihnen gute Hinweise um die Kriterien für den Auswahlprozess festzusetzen. Es ist außerordentlich wichtig, dass Sie diesen Prozess explizit definieren. Sind die Auswahlkriterien nicht klar definiert, kann das in Ihrer Organisation zu Problemen führen. Coaching kann als Statussymbol oder als Zeichen von high potentials in Ihrem Unternehmen gesehen werden, was möglicherweise nicht Ihre Absicht ist. Es kann aber auch als Zeichen für schlechte Leistung gesehen werden und kann somit zu einer Stigmatisierung führen (Stichwort „Nachhilfe“). Auch hier gilt: ist es entscheidend, welchen Geltungsbereich Sie definiert haben und wie Sie dies kommunizieren. Stellen Sie sicher, dass Ihre Matching-Kriterien Ihre Initiative unterstützen

5. Unterstützung

  • Legen Sie fest, wie Sie Ihre internen Coaches unterstützen wollen. Die International Coaching Federation (ICF), ein globaler Zertifizierungs-Verband für Coaching, fordert kontinuierliche professionelle Entwicklung (sowohl durch professionelles Training als auch Reflektion), um ein ICF Zertifikat zu erlangen und zu behalten. Werden Sie Ihren internen Coaches diese Unterstützung bieten?
  • Bieten Sie Ihren Coaches eine Coaching-Supervision an, die den Coach und dadurch letztlich auch den Kunden unterstützt und weiterentwickelt und somit die Qualität Ihrer gesamten Coaching-Initiative aufrechterhält?
  • Legen Sie Ausbildungswege und Karriereentwicklung für Ihre internen Coaches fest. Hier zwei nützliche Quellen für weitere Studien:

Hinweis: Dies sind nicht die beiden einzigen Gremien, die professionelle Zertifizierung anbieten.

Internes Coaching kann sehr lohnend und nützlich sein, wenn es in Ihrer Organisation sorgfältig überdacht, entwickelt und unterstützt wird.

In den letzten sechs Jahren haben das Human Capital Institute (HCI) und die ICF untersucht, wie Organisationen eine starke Coaching-Kultur aufbauen, in der die Entwicklung aller Mitarbeiter durch Coaching eine Priorität darstellt. Diesen Studien zufolge gibt es unter Organisationen eine wachsende Tendenz zur Entwicklung einer Coaching-Kultur, da immer mehr Unternehmen die Vorteile einer solchen Strategie erkennen. Einst ein reiner Luxus für Führungskräfte, wird professionelles Coaching nun zu Entwicklungszwecken auf Mitarbeiter auf allen Ebenen der Organisation ausgedehnt. Tatsächlich geben 43% der Organisationen an, interne Coaches zu beschäftigen, um mit allen Mitarbeitern zu arbeiten, und 60% geben an, dass internes Coaching für ihre hochbegabten Mitarbeiter zur Verfügung steht. Darüber hinaus wird ein umfangreiches Coaching-Programm oft mit positiven Geschäftsergebnissen verbunden, einschließlich höherer Mitarbeiterzufriedenheit und Leistung.

International Coaching Federation(ICF) – 2020 feiert die ICF das 25-jährige Bestehen als globale Organisation für Coaches und Coaching. Die ICF widmet sich intensiv der Förderung der Profession Coaching, indem sie hohe ethische Standards setzt, an unabhängigen Zertifizierungsprozess aufgesetzt hat und ein weltweites Netzwerk von zertifizierten Coaches über eine große Anzahl von Coaching Disziplinen hinweg aufgebaut hat. Sie hat über 41000 Mitglieder in 147 Ländern, die gemeinsam daran arbeiten, Coaching bekannter zu machen, die Integrität der Profession hochzuhalten und sich stetig durch die neueste Forschung und Praxis weiterzubilden.www.coachfederation.org

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Benita-Stafford-Smith, ICF

Benita Stafford-Smith

Benita Stafford-Smith ist ICF Master Certified Coach (MCC) mit Sitz im Oman, Coach Supervisorin und systemischer Team Coach und stolz darauf über 5.000 Stunden mit Kunden auf drei Kontinenten gecoacht zu haben. Sie war Gründungspräsidentin des ICF-Oman Chapters, ehemaliges Mitglied des EMEA Regional Advisory Council und wurde kürzlich zur Vorsitzenden des ICF Global Board for Credentials and Standards gewählt.  Benita ist Autorin von zwei veröffentlichten Büchern, Mitautorin von zwei weiteren, eine häufige Bloggerin und hat Artikel in vielen Medien veröffentlicht.

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