Arbeitsrecht als Instrument im Trennungsmanagement

Arbeitsrecht

Für Trennungen setzt das Arbeitsrecht Grenzen, die Unternehmen oft wenig nachvollziehbar finden. Gleichzeitig ist kaum etwas für die öffentliche Wahrnehmung und die Attraktivität eines Arbeitgebers heikler als der Trennungsprozess von Mitarbeitern:innen.

Betrachtet man die rechtlichen Anforderungen jedoch unter den Gesichtspunkten Unternehmenskultur und ernsthaftem Employer Branding, kann dies zu einem echten Perspektivwechsel führen. Dann kann das Arbeitsrecht ein strategisch hilfreiches Instrument sein.

Denn jeder Trennungsprozess wird von einer Vielzahl von Personen wahrgenommen und ist stark emotional besetzt. Nicht nur bei der betroffenen Person, auch auf Seiten von Kollegen:innen und Führungskräften kann ein Trennungsprozess Unsicherheit, Selbstzweifel, Enttäuschung, Angst oder Empörung auslösen.

Diese Emotionen sinnvoll zu kanalisieren und in einen strukturierten Prozess zu überführen, erfordert vor allem gute Vorbereitung. Dabei kann das Arbeitsrecht wertvolle Vorgaben liefern.

Unternehmerische Entscheidung

Das Arbeitsrecht fordert eine klare unternehmerische Entscheidung: Ist die Trennung unvermeidlich? Und liegt ein Sachverhalt vor, der die Kündigung rechtfertigt? Spontane Hire-and-Fire-Aktionen sind grundsätzlich keine Option.

Sind mehr als zehn Personen im Betrieb beschäftigt und ist die betroffene Person länger als sechs Monate angestellt, findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Danach ist eine Rechtfertigung für eine Kündigung notwendig, die personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt sein kann. All diese Gründe erfordern jedoch unterschiedliche Prozesse und Vorgehensweisen seitens des Unternehmens.

Personenbedingte Kündigung

Bei personenbedingten Gründen ist die betroffene Person aufgrund persönlicher Fähigkeiten oder Eigenschaften nicht (mehr) in der Lage, eine vertragsgerechte Leistung zu erbringen. Hier ist vor allem die krankheitsbedingte Kündigung relevant.

Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob die Einschränkungen des Angestellten auch in Zukunft zu erwarten sind (sogenannte negative Zukunftsprognose). Zudem muss ausgeschlossen sein, dass es eine sinnvolle Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, gegebenenfalls auch in einer anderen Position, gibt.

Entscheidend ist daher, dass sich beide Seiten bemühen müssen, das Arbeitsverhältnis auch zukünftig in einer sinnvollen Art und Weise zu gestalten. Erst wenn alle Möglichkeiten erschöpft sind, ist eine Trennung rechtlich zulässig. Das erfordert frühzeitige und offene Gespräche über Defizite oder Störungen sowie die gemeinsame Suche nach sinnvollen Perspektiven und Möglichkeiten.

Verhaltensbedingte Kündigung

Eine ähnliche Offenheit ist bei einer verhaltensbedingten Kündigung notwendig: Dabei verstößt die betroffene Person in vorwerfbarer Weise gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten und es sind auch zukünftig ähnliche Pflichtverletzungen zu erwarten.

Maßgeblich ist auch hier die negative Zukunftsprognose. Diese erfordert im Regelfall eine Abmahnung, es sei denn, es handelt sich um wirklich schwerwiegende Pflichtverletzungen

Es ist also rechtlich notwendig, klar zu kommunizieren, welche Verhaltensweisen nicht akzeptabel sind. Dies ist in erster Linie ein Management-Thema. Gerade bei dem heiklen Thema der sogenannten Schlecht- oder Minderleistung ist das besonders relevant.

Gleichzeitig muss der Arbeitgeber alles ihm Mögliche tun, um die Person dabei zu unterstützen, Verhaltensweisen entsprechend zu ändern. Das ist ein langwieriger Prozess, der erheblichen Einsatz auf beiden Seiten erfordert. Wesentlich sind Führungskräfte, die offen und fair kommunizieren, dem:der Mitarbeiter:in eine echte Chance geben und klar führen.

Betriebsbedingte Kündigungen

Bei einer Kündigung aus betriebsbedingten Gründen beschäftigt das Unternehmen, vereinfacht gesagt, zu viele Personen für die bestehende Arbeitsmenge. Das muss belastbar belegt werden – ohne eine vernünftige Vorbereitung kann eine betriebsbedingte Kündigung entsprechend nicht sinnvoll gerechtfertigt werden. Dabei ist der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs genau darzulegen und dann unter vergleichbaren Mitarbeitern eine Sozialauswahl vorzunehmen.

Sich bei der Sozialauswahl der betroffenen Mitarbeiter:innen von Kosten und Leistung leiten zu lassen, lässt das Arbeitsrecht nicht ohne weiteres zu. Dies sollte Motivation genug sein, regelmäßig und unabhängig von anstehenden Kündigungen zu prüfen, ob die richtigen Personen mit der richtigen Vergütung in den richtigen Positionen beschäftigt sind.

Einvernehmliche Lösungen

Das Arbeitsrecht bietet keine einfachen Lösungen für Trennungen. Einvernehmliche Lösungen liegen daher in der Regel im Interesse des Unternehmens. Damit dies auch die betroffenen Mitarbeiter:innen so sehen, ist ein wertschätzendes Verhalten notwendig. Das bedeutet auch, faire Angebote zu machen. Diese sollten sich an der Leistungsfähigkeit des Unternehmens und am Ausgleich des Nachteils für die betroffene Person orientieren. Hilfreich ist dabei das Angebot von Alternativen, zum Beispiel die Wahl zwischen der Zahlung einer Abfindung oder einer entsprechenden Verlängerung der Kündigungsfrist. Dies erlaubt den Betroffenen, ihren Ausstieg mit zu gestalten.

Transparent und wertschätzend

Am Ende sind zwei Dinge ausschlaggebend: Gute Vorbereitung und eine wertschätzende, faire und transparente Kommunikation – hier spiegelt sich das Selbstverständnis des Unternehmens wieder. Trennungen, die emotional oder unvorbereitet umgesetzt werden, verletzen die Unternehmenskultur und sind in der Regel teuer und anstrengend für beide Seiten. Natürlich hilft ein transparentes und wertschätzendes Vorgehen nicht in allen Fällen. Es unterstützt aber dabei, der Belegschaft insgesamt zu beweisen, dass Employer Branding und Unternehmenswerte nicht nur im Recruiting zählen und stehen damit für ein glaubwürdiges, verantwortliches Unternehmen.

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Kara Preedy, Kanzlei Greenberg Traurig Germany

Kara Preedy

Dr. Kara Preedy ist Partnerin und Leiterin des Arbeitsrechtsteams „GT Labor Lab“ der Wirtschaftskanzlei Greenberg Traurig.

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