7 Gedanken zu virtueller Empathie

Personalmanagement

1. Andere verstehen

Alle Menschen besitzen die Fähigkeit, andere zu verstehen. Die großen Leistungen der Menschheit beruhen genau auf dieser Gabe. Der Flug zum Mond oder andere Errungenschaften sind nur Beispiele dafür, die ein isoliertes Individuum niemals hätte zustande bringen können. Wir schaffen solche Leistungen, weil wir uns auf vielfältige Weise in andere hineinversetzen können.

2. Gefühlsregungen ­interpretieren

Etwa ab dem zweiten Lebensjahr sind Menschen in der Lage nachzuempfinden, wie sich das Gegenüber fühlt. Im Alter von vier bis fünf Jahren lernen wir, dass andere Personen nicht immer über das gleiche Wissen verfügen wie wir selbst. Beobachtete Gefühlsregungen lösen über emotionale Ansteckung gleichsinnige Emotionen und Stimmungen aus. Tatsächlich sind wir nicht nur in der Lage, das Denken, Fühlen und Handeln unserer Mitmenschen zu verstehen. Sondern wir gehen umgekehrt auch davon aus, dass sie uns selbst richtig interpretieren.

3. Fehleinschätzungen ­berücksichtigen

Das Problem: Das Verstehen der anderen ist nicht immer ganz einfach. Menschen schöpfen regelmäßig ihre Potenziale zu Empathie und Perspektivenübernahme nicht aus. Zum einen unterscheiden sich Menschen in diesen Fähigkeiten. Das belegen Befunde zur emotionalen Intelligenz. Zum anderen unterliegen wir systematischen Fehleinschätzungen, wenn wir zum Beispiel anderen unsere eigenen Absichten unterstellen. Schließlich wirken auch situative Bedingungen. Dazu gehören Hindernisse, wie sie sich bei virtueller Kommunikation ergeben.

4. Wahrnehmung schärfen

Virtuelle Empathie stellt besonders hohe Anforderungen an alle Beteiligten. Über digitale Wege lassen sich Mimik und Gestik nur rudimentär übermitteln. Die Stimme ist verzerrt. Das erlaubt nur eingeschränkt, über Intonation und Klang emotionale Anteile zu transportieren. Bei Ironie und Witz kommt es leicht zu Missverständnissen. Und wer nur virtuell im selben Raum sitzt, befindet sich in der Realität mit großer Wahrscheinlichkeit in einer anderen Umgebung. Gute Führungskräfte verstehen dies ebenso wie ihre Beschäftigten.

5. Ähnlichkeit verbindet

Virtuelle Empathie gelingt am besten, wenn die Beteiligten schon real eine Beziehung zueinander aufgebaut haben. Ähnlichkeit und Enge der Beziehungen spielen eine besondere Rolle. Ähnlichkeit ergibt sich häufig aus geteilten Zielen und gemeinsamer Arbeit. Sich ähnliche Menschen finden sich häufig in derselben Branche und verwandten Berufen. Enge Beziehungen entstehen über die Zeit durch gemeinsame Arbeit, geteilte Erfolge und gemeinschaftlich überstandene Rückschläge. Ein homogenes Team meistert die Umstellung von realer zu virtueller Kommunikation folglich leichter als ein heterogenes. Gleiches gilt für zwei Menschen, die sich einander gut kennen.

6. Fallstricke kennen

Wer digital erfolgreich kommunizieren will, weiß um die Fallstricke der virtuellen Realität. Ein Team mit hoher gegenseitiger Empathie arbeitet reibungslos und zeigt bessere Leistungen. Auch virtuell erlebte Empathie führt zu mehr Hilfeverhalten und Verzeihen von Fehlern, die anderen unterlaufen sind. Schließlich werden empathische Menschen auch als sympathisch wahrgenommen. Die dunkle Seite der Empathie zeigt sich hingegen nur dann, wenn andere sie zu manipulativen Zwecken nutzen.

7. Situationen nachempfinden

Um virtuell empathisch zu sein, müssen wir uns bewusst werden, dass die eigene Realität nicht unbedingt auch dieselbe der Mitmenschen ist. Dazu kann man sich selbst bewusst die Aufgabe stellen, sich in die anderen hineinzuversetzen: Was sind deren Wünsche, Ziele und Gefühle? Was wissen sie bereits und welche Information benötigen sie noch? Nicht jede der spontanen Reaktionen darauf ist gut begründet. Übermittelt das technische Hilfsmittel vielleicht die falschen Signale? Ist das Verhalten meines Gegenübers einer Situation geschuldet, die sich von meiner eigenen unterscheidet? All das verlangt Aufmerksamkeit und Innehalten zur Neubewertung.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Neue Normalität. Das Heft können Sie hier bestellen.

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Hans-Peter Erb, Sozialpsychologe

Hans-Peter Erb

Der Sozialpsychologe Hans-Peter Erb, geboren 1958, ist Professor an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg. Auf seinem Youtube-Kanal Sozialpsychologie mit Prof. Erb befasst er sich seit November 2017 mit Fachbegriffen seines Forschungsgebiets.

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