Xing will Employer-Branding-Berater werden

Employer Branding

Xing baut die Leistungen im Employer Branding massiv aus. Die Ziele sind ambitioniert. Ein Interview mit Jens Stief, Geschäftsführer Xing E-Recruiting.

Ein „Brand Studio“ wird als Strategie-Beratung für Employer Branding agieren. Beratung und Umsetzung aus einer Hand sind zukünftig im Angebot, von Analyse und Konzept bis zur Medienkampagne. „Wir setzen in der Wertschöpfungskette noch weiter vorne an“, erklärt Jens Stief im Gespräch mit dem Human Resources Manager. Das Unternehmen ist in Bewegung. Erste Antworten zu den Plänen von Xing gibt es hier.

Herr Stief, wo würden Sie den zukünftig größten Bedarf in HR sehen, den Sie mit Xing E-Recruiting decken können? Wo wird da in Zukunft die Post abgehen?
Jens Stief:
Ein ganz großes Thema ist das „Employer Branding“. Hier stehen wir in Deutschland erst ganz am Anfang der Entwicklungsgeschichte. Zum einen sind hier zwar die großen Unternehmen aktiv, die mittleren fangen aber jetzt überhaupt erst damit an, von den kleinen ganz zu schweigen. Außerdem sind wir davon überzeugt, dass es in Zeiten von Transparenz und Authentizität ganz neue Ansätze in diesem Bereich braucht: Weg von der alleinigen Konzentration auf die Mittel klassischen Brandings, mit denen ich die Vorzüge meiner Firma anpreise, hin zu einer authentischen Darstellung der eigenen Kultur und den Besonderheiten eines Unternehmens. Für Talente werden neben den klassischen Aspekten wie Titel, Gehalt und Benefits nämlich insbesondere auch Faktoren aus der Unternehmenskultur wie zum Beispiel Führungsverhalten, Arbeitsatmosphäre und Work-Life-Balance immer wichtiger. Wer das außer Acht lässt, läuft Gefahr, mühselig gewonnene Talente allzu schnell wieder enttäuscht zu verlieren. Wir bieten hier ein völlig neues, ganzheitliches Lösungskonzept an, um Unternehmen zu helfen, ihr Employer Branding noch erfolgreicher zu machen, damit Unternehmen und Talente nicht nur formell, sondern auch kulturell gut zusammen passen.

Wir werden gleichfalls bei der Automatisierung von HR weiter anpacken. Der Faktor „Mensch“ ist in sehr vielen HR-Prozessen ungemein wichtig, Personaler sind allerdings in ihrem Alltag in einem Dickicht von administrativen Tätigkeiten gefangen. Wir wollen unseren Kunden daher dabei helfen – überall dort, wo sinnvoll – weitere Prozesse zu automatisieren und HR-Professionals so mehr Zeit für die zwischenmenschliche Komponente des Recruitings zu geben. Wir sind überzeugt, dass gerade die mittleren Unternehmen durch derart freigewordene Kapazitäten, noch mehr Schwung aufnehmen können.

Ein weiterer Trend, an den ich persönlich glaube: Die klassische Stellenanzeige ist ein Modell von gestern, denn seien wir mal ehrlich: Heute ist doch eine Stellenanzeige noch wie ein Stück Papier, das auf eine elektronische Leinwand geklebt wird. Dies wird sich in der Zukunft durch intelligente interaktive Stellenanzeigen signifikant verbessern. Diese sind auf der einen Seite in der Lage, aus der Perspektive des Kandidaten einen Blick in das Unternehmen zu geben. Auf der anderen Seite gewinnen die Unternehmen einen Blick auf ihren potenziellen Kandidatenmarkt bekommen. Hier sind wir mit den New Work-Kriterien im Xing Stellenmarkt bereits gut aufgestellt und wir investieren in diese Richtung weiter im Sinne von Kandidaten und Unternehmen.

Stichwort Stellenanzeige: Glassdoor und Indeed.com bieten ja ähnliche Modelle an. Wird es in diese Richtung gehen?
Wir sehen uns andere Angebote immer mit Interesse an, müssen auch nicht zwanghaft das Rad neu erfinden, aber natürlich entwickeln wir die Lösungen, die am besten zu unseren Kunden und ihren Bedürfnissen passen.

Xing plant, als „Employer Branding Agentur“ zu arbeiten. Momentan kann ich das nicht so ganz mit meinem Bild von Xing in Einklang bringen. Zudem halte ich den Markt zwar für potenziell groß, aber nicht für einfach. Unternehmen fanden Employer Branding schon immer wichtig, setzen es aber allzu selten konsequent und professionell um. Wie und wo wollen Sie hier eine Rolle spielen?
Worum geht es denn beim Employer Branding? Es gibt drei Dimensionen: Einmal sich selbst darüber klar zu werden, wo man als Unternehmen hin will, welche Werte man nicht nur an die Wand geschrieben hat, sondern tatsächlich lebt und wie man überhaupt zusammenarbeiten will. Dann geht es – zweitens – darum, diese Unternehmenswerte in geeigneter Weise und zielgruppengerecht nach außen zu projizieren, nämlich in Richtung Kandidaten – und zwar in großer Ehrlichkeit, um – drittens – die Talente zu befähigen, wirklich in das Unternehmen hinein zu schauen. Je besser das gelingt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass die Verbindung von langfristiger Dauer ist.

Um das für unsere Kunden zu realisieren, sind wir mit Xing aufgestellt wie kein anderer im deutschsprachigen Raum. Mit Xing, Xing E-Recruiting und Kununu bieten wir Unternehmen die Möglichkeiten, authentisch ihre Arbeitgeberkultur zu zeichnen und diese nach außen sichtbar zu machen. Unser Tochterunternehmen Kununu hat hierfür einen ausgefeilten Kulturkompass entwickelt, der erstmals eine authentische Analyse der Firmenkultur ermöglicht. MitarbeiterInnen wählen in Dimensionen wie „Führung“ oder „Work-Life-Balance“ anonym aus 160 kulturellen Merkmalen aus und zeichnen und machen die Unternehmenskultur auch für Externe sichtbar.

Dieses Vorgehen ist natürlich gewissermaßen die „Kür“. Wie eingangs gesagt, hapert es bei vielen Unternehmen noch, eine Employer-Branding-Strategie überhaupt erst zu entwickeln. Deswegen haben wir das „Brand Studio“ ins Leben gerufen, das wir auf der Zukunft Personal prominent vorstellen. Wir wollen damit Unternehmen helfen, die eigene Arbeitgebermarke und die daraus folgenden Projekte in wirksame Maßnahmen und Kampagnen umzusetzen und deren Erfolg zu messen.

Ich hatte Xing so verstanden, dass Sie Employer Branding als „Full Service“ anbieten wollen, vom Konzept bis zu Medienkampagnen, so die Aussage einer Broschüre. Was machen Sie da genau?
Wir bieten mit dem neuen Brand Studio in der Tat eine ganzheitliche Strategie-Beratung für Employer Branding an. Unseren Unternehmenskunden bieten wir jetzt also eine zentrale Anlaufstelle, die die Kette unserer Employer Branding-Dienstleistung aus der XING-Welt bündelt und für unsere Kunden ganzheitliche, maßgeschneiderte Lösungen entwickelt. Das ist übrigens auch interessant für Kunden, die bereits Employer Branding-Produkte verwenden, die aber oft noch nicht deren volles Potenzial ausnutzen. Diese Lücken schließen wir jetzt mit dem Brand Studio.

Was macht das Brand Studio denn konkret?
Unser Leistungsspektrum umfasst ganzheitliche Beratungsangebote. Wir entwickeln gemeinsam mit unseren Kunden schlagkräftige Kampagnen, um die Kandidaten zu finden, die zur eigenen Kultur passen. Denn das Thema „Kultur“ entscheidet, wie gesagt, am Ende, ob Talent und Unternehmen langfristig zueinander passen oder nicht. Damit einher geht eine Vernetzung der Stärken mehrerer relevanter Unternehmenseinheiten, von Xing E-Recruiting bis hin zu Kununu und Kununu Engage. Es geht darum, den Kunden zu befähigen, Employer Branding wirksam und autonom realisieren zu können, und zwar rasch, effizient, maßgeschneidert.

Ich hatte gelesen, dass Sie auch Workshops vor Ort in den Unternehmen anbieten wollen.
Ja, wir bieten individuelle Beratungsleistungen an, zum Beispiel Analysen der Unternehmenskultur. Wir helfen so Unternehmen, sich ihrer Einzigartigkeit bewusst zu werden – und diese Erkenntnisse im nächsten Schritt aktiv für Kampagnen zu nutzen.

Wie viele Leute arbeiten denn im Brand Studio?
Jetzt zum Start sind es fünf.

Fünf?
Ja, das ist ein noch vergleichsweise kleines, aber feines und sehr schlagkräftiges Team von Employer-Branding-Experten – das natürlich unterstützt wird von einer Vielzahl von Beratern und Produktexperten aus dem ganzen Haus. Insofern mache ich mir überhaupt keine Sorgen, dass wir auch große Mandate gut bedienen können und, wenn nötig, zügig die Kapazitäten weiter nach oben bringen.

Kampagnen kann man ja unter Umständen mit fünf Leuten machen, die wären dann aber gut beschäftigt…
Wie gesagt: Die arbeiten eng mit den bestehenden Kapazitäten unseres Hauses zusammen. Zum Vergleich: Vor sechs Jahren bestand das gesamte E-Recruiting aus zehn Leuten, heute sind wir allein hier 350.

Welche Erfolgscases im Employer Branding können Sie denn vorweisen?
Im Ist-Zustand haben wir bereits 6.000 Kunden, die unsere Werkzeuge nutzen, um ihre Employer Brand den relevanten Zielgruppen zu präsentieren oder die kununu verwenden, um authentische Bewertungen darüber zu generieren, wie es im Unternehmen aussieht.

Nun arbeitet das Brand Studio aber auf einer anderen Ebene.
Das Brand Studio holt die Kunden viel früher ab, als das mit unseren Werkzeugen heute möglich ist. Das Brand Studio wird die Kunden vor allem unterstützen bei der Ist-Analyse, der Zieldefinition und bei der inhaltlichen Planung der Kampagnenumsetzung. Das erweitert ganz klar unser Spektrum, denn wir setzen damit in der Wertschöpfungskette noch weiter vorne an.

Und da haben sie jetzt einen guten Bestand an Kunden, denen sie diese zusätzlichen Leistungen verkaufen können.
Im E-Recruiting haben wir 12.000 Subskriptionskunden und noch einmal 8.000 Transaktionskunden. Deshalb wird es uns nicht so schwer fallen, die relevanten Kunden zu finden.

Jens Stief, Geschäftsführer Xing E-Recruiting
© Xing

Dr. Jens Stief hat in Deutschland und in den USA in Wirtschaftsinformatik promoviert und arbeitet seither in Medien- und Digitalunternehmen als Geschäftsführer und Vorstand. Bei Xing wirkt Stief als Sprecher der Geschäftsführung der Xing E-Recruiting GmbH und Co. KG und hilft deutschen Mittelständlern und Großunternehmen, die besten Talente zu gewinnen.

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(c) privat

Helge Weinberg

Journalist
Helge Weinberg ist Journalist aus Hamburg. Er schreibt unter anderem für den Human Resources Manager, den Crosswater Job Guide und diverse Fachmedien.

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