Digitalisierung verändert Personalpolitik

Future of Work

Kaum ein Unternehmen kann sich der Digitalisierung heute noch entziehen. Personalmanager reagieren und suchen Mitarbeiter, die sozial und fachlich für die digitalisierte Arbeitswelt gerüstet sind, zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Es gibt sie noch, die Unternehmen, die sich der immer schneller fortschreitenden Digitalisierung entziehen wollen – und dies auch können. Aber sie sind längst deutlich in der Minderheit. Für rund 30 Prozent der deutschen Unternehmen war die digitale Vernetzung in den vergangenen Jahren kein Thema. Sie wird laut eigenen Angaben auch in den kommenden fünf Jahren keines werden.

Alle anderen Unternehmen hingegen sind gezwungen, sich mit den Veränderungen auseinanderzusetzen, die mit der Digitalisierung einhergehen. Und dieser Umstand schlägt sich bereits deutlich in der Personalpolitik dieser Unternehmen nieder. Das zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), für die 12.000 Unternehmen befragt wurden. „Wir wollten wissen, ob es einen Zusammenhang zwischen der Digitalisierung in den Unternehmen und ihrer Personalpolitik gibt“, sagt Enzo Weber, Autor der Studie und beim IAB verantwortlich für Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen. „Dazu haben wir die Unternehmen zunächst gefragt, wie stark die Digitalisierung sie bereits betrifft. Die Informationen zur Digitalisierung haben wir dann mit Daten zum Verhalten der Unternehmen bei Neueinstellungen abgeglichen.“ Ein klares Ergebnis der Studie: Je weiter fortgeschritten die Digitalisierung in den Unternehmen ist, desto deutlicher sind auch die Auswirkungen auf die Personalpolitik.

Keine Branche kann sich der Digitalisierung verweigern

Es gibt zudem keine Branche mehr, die sich dem Trend ganz entziehen kann. Einige qualitative Unterschiede seien allerdings zu erkennen, sagt Weber. So sind zum Beispiel in IT- und Kommunikationsunternehmen, in Banken und Versicherungen und in Industrieunternehmen aus dem Maschinenbau, der Elektrotechnik und der Automobilbranche besonders viele Arbeitsplätze von der Digitalisierung betroffen. Vergleichsweise wenige Arbeitsplätze ändern sich derweil in Schulen, im Immobiliensektor und im Gastgewerbe.
Generell gilt für alle Branchen: „Es sieht nicht so aus, als würde eine fortschreitende Digitalisierung zu Personalabbau führen“, sagt Weber. „Erkennbar ist jedoch, dass es in Unternehmen mit einem hohen Grad an Digitalisierung eine stärkere Fluktuation gibt. Die Belegschaften entwickeln sich dynamischer.“ Besonders auffällig: Unternehmen, die ihre internen Abläufe bereits stark digitalisiert haben, haben mehr offene Stellen. Diese Unternehmen brechen ihre Personalsuche auch häufiger erfolglos ab als Unternehmen ohne interne Digitalisierung. Die in der öffentlichen Debatte häufig formulierte Sorge, dass die Digitalisierung zu einem generellen Abbau von Arbeitsplätzen führen könnte, sei daher unbegründet, sagt Weber. „Die Studienergebnisse lassen vielmehr den Schluss zu, dass die Digitalisierung sogar zu mehr Neueinstellungen führen könnte. Jedoch nur, wenn die Unternehmen die passenden Mitarbeiter finden.“

Anforderungen an Personal ändern sich

Dies wird jedoch durch die Digitalisierung schwieriger – denn die Anforderungen an Mitarbeiter steigen, wenn ein Unternehmen Prozesse und Wertschöpfungsketten digital umgestaltet. Eine wichtige Erkenntnis für Personalverantwortliche aus der IAB-Studie lautet: Es sind nicht nur die fachlichen Anforderungen, die sich in digitalisierten Unternehmen verändern. „Wir sehen zwar in den Unternehmen auch einen erhöhten Bedarf an Fachkenntnissen, die in Kursen und Weiterbildungen erworben werden“, sagt Weber. Aber mindestens ebenso wichtig seien sozial-kommunikative Fähigkeiten.

Soziale Kompetenzen für digitalisierte Arbeitswelt

Die Firmen suchen verstärkt Personal, das in der Lage ist, in Teams zu arbeiten und sich flexibel mit wechselnden Arbeitsinhalten auseinanderzusetzen. „Diese Reaktion auf die Digitalisierung ist nachvollziehbar, weil ein digitalisierter Betrieb insgesamt agiler, stärker vernetzt und integriert arbeitet. Mitarbeiter müssen stärker als früher bereit sein, über die eigene Funktion hinauszudenken und in wechselnden Teams und Projekten zusammenzuarbeiten.“

Nicht nur die Anforderungen an die Mitarbeiter, auch die Herausforderungen für die Personalpolitik ändern sich dadurch: „Wo zum Beispiel mehr inhaltliche und zeitliche Flexibilität von den Angestellten eingefordert wird, muss die Personalpolitik die Arbeitsbedingungen entsprechend anpassen.“ Neue Regeln für die Gestaltung der Arbeitszeit, individuell gestaltete, regelmäßige Weiterbildungen und ein betriebliches Gesundheitsmanagement könnten mögliche Ansatzpunkte sein, um die Personalpolitik fit zu machen für die neue, digitalisierte Arbeitswelt.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie auf einen Blick:

  1. Die Digitalisierung hat bereits alle Wirtschaftsbereiche und den bei weitem größten Teil der deutschen Unternehmen erfasst.
  2. Digitalisierung führt in Unternehmen nicht zu einem generellen Stellenabbau, aber zu höherer Fluktuation.
  3. Unternehmen, die bereits stark digitalisiert arbeiten, haben mehr offene Stellen als andere Unternehmen. Sie brechen Stellenbesetzungsversuche häufiger erfolglos ab.
  4. Bei Neueinstellungen versuchen digitalisierte Unternehmen, Mitarbeiter zu gewinnen, deren sozialen und kommunikativen Fähigkeiten es ihnen erlauben, inhaltlich flexibel in verschiedensten Teams, funktionsübergreifenden Konstellationen und wechselnden Projekten zu arbeiten.

Auf dem Weg zur Wirtschaft 4.0: Interne und externe Digitalisierung sowie Einsatz lernender Systeme in den Betrieben

Quelle: IAB Stellenerhebung 2015, hochgerechnete Werte, eigene Berechnung
Quelle: IAB Stellenerhebung 2015, hochgerechnete Werte, eigene Berechnung

 

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Sarah Sommer

Sarah Sommer

Sarah Sommer ist Redakteurin bei wortwert in Köln. Sie ist spezialisiert auf komplexe Magazingeschichten und Social Media.  Sommer hat Politikwissenschaften und Volkswirtschaft studiert.

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