Erst die Köpfe, dann die Prozesse

Personalmanagement

Wie digitalisiertes Coaching die Transformation von Unternehmen ermöglicht, ohne dafür die Belegschaft austauschen zu müssen.

Gleich zu Beginn meiner Zeit als Deutschlandchefin von KFC wurde mir klar: Wenn wir am Markt erfolgreich sein wollen, reicht es nicht, einfach immer so weiter zu machen wie bisher. Wir mussten uns neu erfinden, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Mit meinen Ideen für diesen Wandel stieß ich jedoch nicht überall auf Begeisterung. Manche Mitarbeiter im Unternehmen waren schlichtweg noch nicht überzeugt, und zögerten daher, die notwendigen Maßnahmen aktiv voranzubringen.

Es war offenkundig, dass der Erfolgshebel erst umgelegt werden konnte, wenn es geschafft war, die Vorbehalte aller Beteiligten auszuräumen: die ausgeklügeltste Strategie ist verbranntes Geld, wenn nicht alle im Unternehmen mitziehen. Ein internes Umdenken musste her, um den notwendigen Schwung für die angestrebte Transformation aufzunehmen.

KFC brachte es schließlich fertig, durch einen Mindset-Wandel und harte Arbeit in Deutschland in fünf Jahren annähernd so viele neue Restaurants zu eröffnen wie in den mehr als 40 Jahren zuvor. Das entscheidende dabei: Die Expansion wurde nicht durch die Kraft neuer Akteure, sondern aus eigener Stärke geboren, denn die Mehrheit der neuen Filialen wurde von den bestehenden Franchise-Partnern eröffnet. Dies bestätigte mich darin, am richtigen Hebel angesetzt zu haben. In mir wuchs die Erkenntnis: Dort wo Umdenken stattfindet, ist auch für ganz neue Ergebnisse ein Auswechseln der bisherigen Akteure gar nicht nötig.

Digitalisierung eröffnet neue Wege im Coaching

Aus eigener Erfahrung wusste ich, dass individuelles Coaching der effektivste Weg ist, um Vorbehalte auszuräumen und eine Neubewertung einzuleiten. Das große Dilemma in diesem Punkt war bisher, dass Unternehmen Coaching-Angebote oft nur für die obersten Führungszirkel bereitstellten, während das mittlere Management und die Angestellten von diesem elementaren Benefit gänzlich ausgeschlossen blieben. Die Erkenntnisse aus den Coachings der Führungsetage mussten mühsam und individuell im Flüsterpost-Prinzip nach unten durchgereicht werden und versandeten meist auf halbem Wege. Glücklicherweise eröffnet die Digitalisierung gerade neue Wege, sich Expertise Hilfe von außen zu holen, zum Beispiel in Form von gleichzeitigem Coaching in allen Unternehmensbereichen.

In der Vergangenheit präsentierte sich die Coaching-Landschaft als eine fragmentierte Expertenwelt die die unterschiedlichsten Ansätze praktizierten. Heute schaffen es standardisierte, via App verfügbare Programme, die nötige Manpower zu bündeln und mit einheitlichem Ansatz fokussiert individuelle Probleme zu lösen. Ein Vertriebsmitarbeiter in Düsseldorf sieht sich zum Beispiel mit ganz anderen Herausforderungen konfrontiert als sein Personalchef in der Münchner Zentrale. Bald wird der Faktor der räumlichen Nähe zum jeweiligen Coach keine Rolle mehr spielen. Coaching wird per Chat und Telefon individualisiert und universal anwendbar gemacht. Damit sind die Unternehmensgröße und die Anzahl von Hierarchieebenen sowie weit verzweigten Filialen keine Nachteile mehr, wenn es darum geht, agiles Handeln zu lernen.

Wie holt man die Mitarbeiter ins Boot?

Aus eigener Kraft hat sich noch niemand an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen. Für einen wirklichen Mindset-Wandel braucht es bei der Unternehmensführung Mut und Entschlossenheit zum Wandel sowie Profis von außen, die sich mit kognitiven Methoden auskennen und die für alle im Unternehmen gleichzeitig verfügbar sind. Jeder Mitarbeiter muss schließlich darin bestärkt werden, dass er für den Erfolg des Unternehmens gebraucht wird und berechtigterweise seinen Platz im Team hat.

Da bestenfalls jeder im Team Coaching erhält, können die Coaches mit demselben Handwerkszeug den unterschiedlichsten Problemen auf den Grund fühlen. Das Umdenken kann auf den verschiedenen Unternehmensebenen ganz unterschiedliche Formen annehmen. Für den Geschäftsführer eines mittelständischen Familienbetriebs könnte der Prozess wie folgt aussehen: Die ursprüngliche Maxime „Mein Job ist es, unsere Stärken zu bewahren und somit den Unternehmenserfolg zu sichern“ könnte sich zum Beispiel zur Überzeugung wandeln: „Mein Job ist es, zu erneuern. Ich kann langfristig nicht erfolgreich sein, ohne mein Unternehmen grundlegend neu aufzustellen“.

Ein Beispiel aus dem Vertrieb könnte hingegen wie folgt aussehen: Die Verkaufszahlen gehen seit Monaten zurück, der Vertriebsmitarbeiter ist überzeugt davon, dass viele Deals nicht zustande kommen, weil der neue Kunde im Umgang sehr schwierig ist. Solange der Mitarbeiter denkt, dass der Kunde schwierig ist, bekommt er genau das immer wieder bestätigt, diese Einstellung wirkt wie eine selbsterfüllende Prophezeiung. Nun gilt es für den Coach herauszufinden, was den Mitarbeiter motiviert. Wenn dieser Mitarbeiter primär durch Sicherheit getrieben ist, könnte ein Umdenken so aussehen, dass er mit der Grundeinstellung zur Arbeit kommt: „dieser Kunde ist unserem Unternehmen treu. Dadurch sichert er mein Auskommen“.

Geänderte Perspektiven bewirken andere Ergebnisse

Die Mitarbeiter wählen für sich eine neue Perspektive, die funktionaler ist für das Erreichen ihres individuellen Ziels – in unserem Vertriebsbeispiel ein sicherer Arbeitsplatz. Durch die veränderte Einstellung ergibt sich schnell ein neues Verhalten und daraus resultieren nach kurzer Zeit schon neue Ergebnisse. Der Mitarbeiter findet nun Beweise und Beispiele, die ihm bestätigen, dass sein Kunde sein Auskommen sichert, und mit dieser Haltung geht er von selbst offener und konstruktiver mit dem Kunden um.

Es ist für Unternehmen unglaublich teuer, bei Transformationen nicht in den Köpfen anzufangen, denn alle anderen Maßnahmen werden ohne diese Grundlage nicht Fuß fassen können. Mitarbeiter, die Vorbehalte hegen, werden eine neue Strategie nicht umsetzen, egal wie gut sie konzipiert ist. Es ist ihnen erst dann möglich, sich proaktiv in Digitalisierungsprojekte einzubringen, wenn sie ihre Grundeinstellung zum jeweiligen Problem geändert haben. Aus einer neuen Perspektive ist neues Verhalten möglich und somit auch neue Ergebnisse.

Das Potential von Coaching wird in Deutschland bisher meist noch unterschätzt und ist oft noch ein Privileg von Führungskräften. Skalierbare, digitale Lösungen brechen jetzt mit diesem Muster. Sie werden dafür sorgen, dass Coaching nicht mehr als Ultima Ratio gesehen wird, sondern als erste und kosteneffektivste Maßnahme für den erfolgreichen Wandel.

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Insa Klasing

CEO & Co-Founder
TheNextWe
Insa Klasing ist CEO und Co-Founder von "TheNextWe". Zuvor war sie Geschäftsführerin von KFC in Deutschland, Österreich, Schweiz und Dänemark, wo sie das Geschäft verdoppelte. Sie ist Autorin des Buches „Der 2-Stunden-Chef“ und hält diverse Aufsichtsratsmandate im In- und Ausland. 2017 wurde sie vom World Economic Forum in Davos zum Young Global Leader ernannt.

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