Bewerbungen mit einem Mausklick

Arbeitsrecht

Immer mehr deutsche Mittelständler wollen auf dem chinesischen Markt erfolgreich sein. Allerdings sind das Recruiting und die Mitarbeiterbindung dort enorme Herausforderungen. Einige Anregungen.

Die Personalsuche in China stellt den deutschen Mittelstand vor neue Herausforderungen. Im Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte müssen sich die Firmen immer stärker mit der Konkurrenz durch chinesische Arbeitgeber auseinandersetzen. Aus Sicht chinesischer Absolventen sind heute schon sieben von zehn Top-Arbeitgebern heimische Firmen aus dem Reich der Mitte. Angesichts dieser Entwicklung reicht das Prädikat „Made in Germany“ auch für mittelständische Unternehmen aus Deutschland nicht mehr aus, um Jobsuchende zu begeistern. Wie die Praxis zeigt, wählen Chinesen ihre Arbeitgeber nach anderen Kriterien aus als ihre deutschen Kollegen.

Das wird schon bei der Nutzung von Jobportalen deutlich. Neben der Sprachhürde, die es auf einer chinesischen Karriereplattform zunächst zu nehmen gilt, müssen sich deutsche Arbeitgeber auf eine ganz unerwartete Resonanz einstellen. Der Grund: Im Land des Lächelns zählt die „Ein-Klick-Bewerbung“ zur beliebten Standardoption und spart vielen Interessenten ein individuelles Anschreiben. Die Bewerber schicken ihr vorbereitetes Profil routiniert mit einem Mausklick ab. So staunen mittelständische deutsche Arbeitgeber nicht schlecht, wenn innerhalb kürzester Zeit mehr als 1.500 Jobsuchende auf ihre Stellenvakanz reagieren. Die Kehrseite ist, dass die HR-Abteilungen mit der anschließenden Bewerberauswertung meist heillos überfordert sind. Ist es gelungen, aussichtsreiche Kandidaten zu identifizieren, gilt es im nächsten Schritt, auf die spezielle Erwartungshaltung der neuen Kollegen Rücksicht zu nehmen. Da ist es wichtig zu wissen, dass chinesische Absolventen verstärkt Wert etwa auf Status, Prestige und Chancengleichheit legen. Wenn es beispielsweise um die Entlohnung geht, fordern Mitarbeiterinnen ganz selbstverständlich Transparenz darüber, genauso viel Gehalt wie ihre männlichen Kollegen geboten zu bekommen.

Besonderes Augenmerk erfordert zudem die Personalbindung. Das machen folgende Zahlen deutlich: Knapp jeder zweite Mitarbeiter auf dem chinesischen Arbeitsmarkt hat in den letzten zwei Jahren die Firma gewechselt. 73 Prozent halten Ausschau nach einem neuen Job. Um sich als deutscher Arbeitgeber zu profilieren, sollte den chinesischen Interessenten eine Perspektive geboten werden, die sich jenseits von Boni und Bezahlung von den allgemein üblichen Leistungen unterscheidet. Dazu könnte ein Besuch im deutschen Stammwerk gehören, eine ausgeprägte Teamkultur mit Freizeitaktivitäten oder die Vorzüge besonderer Sozialleistungen – etwa mit der Einbeziehung von Familienmitgliedern in die Krankenversicherung.

Pflicht zum Mitarbeiterhandbuch

Eine weitere Besonderheit in China ist das sogenannte Mitarbeiterhandbuch – ein unverzichtbares Instrument für das Personalmanagement. Die hier detailliert geregelten Rechte und Pflichten ergänzen den Arbeitsvertrag und schaffen Rechtssicherheit für beide Parteien. Arbeitszeiten, Urlaubsanspruch oder die Freistellung im Krankheitsfall sollten hier exakt und lückenlos festgestellt werden. Versäumt der Arbeitgeber beispielsweise im Handbuch, eine Vereinbarung über die Bezahlung von Überstunden zu treffen, kann der Mitarbeiter diese Lücke zu seinen Gunsten nutzen. Eine ausgesprochen mitarbeiterfreundliche Rechtsprechung gibt dem Anspruchsteller in solchen Fällen gute Chancen, jede nachweisbar geleistete Überstunde auch im Nachhinein vom Arbeitgeber bezahlt zu bekommen. Dies hat nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses schon zu manch kostspieliger Nachzahlung geführt.

Das Handbuch mit seinen transparent ausgestalteten Regelungen ist nicht zuletzt deshalb immer wichtige Grundlage für die Kündigung. Wie in Deutschland sind Entlassungen ohne Grund auch nach chinesischem Arbeitsrecht nur schwer durchsetzbar. Für die Erstellung eines solchen Handbuchs ist es daher sehr empfehlenswert, auf professionelle Hilfe zurückzugreifen.

Nach China gekommen, um zu bleiben

Bei den Recruiting-Strategien verstärkt sich aktuell der Trend zur lokalen Kandidatensuche. Der Grund: Klassische Expatriates werden immer häufiger durch sogenannte Localised Expats abgelöst. Im Vergleich zu den aus Deutschland oder anderen westlichen Industrieländern auf Zeit entsandten Mitarbeitern sind diese Professionals in China schon etabliert – also gekommen, um zu bleiben. Die Vorteile liegen auf der Hand. Die deutschen Firmen müssen mit deutlich weniger Anlaufzeiten rechnen, etwa indem sie Fach- und Führungskräfte erst einmal mit Kulturseminaren auf Land und Leute vorbereiten. Neben geringeren Kosten – kein Familiennachzug, keine regelmäßigen Flugreisen nach Deutschland, keine exorbitanten Wohnkosten – verfügen diese Kollegen in der Regel schon über ein geschäftliches Netzwerk. Auch chinesische Fach- und Führungskräfte, die mit internationaler Ausbildung in ihrem Heimatland leben und arbeiten, bieten diesen Vorteil immer häufiger an.

Vor einer Einstellung in China sollten jedoch die Referenzen der Bewerber besonders sorgfältig geprüft werden. Papier ist geduldig und die Lebensläufe von Kandidaten werden nicht selten kreativ ausgeschmückt. Aus diesem Grund lohnt es sich, mit ehemaligen Arbeitgebern des Kandidaten Kontakt aufzunehmen und sich im direkten Umfeld sowie über soziale Netzwerke zu erkundigen. Mit dem favorisierten Kandidaten sollten zudem mehrere Firmenvertreter Bewerbungsgespräche führen, um ein abgesichertes Bild vom Profil des neuen Mitarbeiters zu gewinnen. Vor diesem Hintergrund sind deutsche Mittelständler bei der Personalstrategie in China gut beraten, sich das jeweils aktuelle Erfahrungswissen nutzbar zu machen. Ebenso wie Geschäftsmodelle häufig schneller als in Europa überholt werden, ändern sich in China die Spielregeln im Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte ständig.

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Thaddäus Müller

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