Betriebliches Gesundheitsmanagement: 5 Trends für 2021

Personalmanagement

Eine Sonderstudie der Bertelsmann Stiftung zeigt: die Corona Krise hat die digitale Transformation in der betrieblichen Arbeitswelt maximal beschleunigt. 85 Prozent aller Befragten glauben, dass Homeoffice beziehungsweise mobiles Arbeiten sich als alternative Arbeitsformen etabliert haben. Erste Konzerne beginnen mit der Verkleinerung oder sogar der Abmietung von Büroflächen. Damit erscheint ein klares Signal, dass es eine Rückkehr aller Mitarbeiter zum Arbeitsplatz nicht mehr geben wird und sich Organisationen, Prozesse und Arbeitsweisen vollständig und komplex verändern. Hardware ist schnell umgestellt, aber wie sieht es mit der Software – dem Mitarbeiter als Menschen in dieser Veränderung aus? Veränderungsbereitschaft jedes einzelnen und eine gute Begleitung durch Unternehmen und Führungskräfte für den neuen Kurs sind gefragt. „Damit werden durchaus stärkere Töne für einen echten Managementprozess in der Gesundheitsförderung angeschlagen. War doch das BGM bislang deutlich durch verhaltensbezogene Maßnahmen geprägt, stehen neben individuellen Maßnahmen nun vielfach verhältnisbezogene Fragen im Raum!“, so Sabrina Sebbesse, Fachexpertin/Referentin für BGM bei derSBK Siemens Betriebskrankenkasse.

Ob nun für Mitarbeiter im Büro oder im mobilen Arbeiten – für das BGM entstehen neue Rahmenbedingungen und Themen, um die Gesundheit der Mitarbeiter eines Unternehmens zu fördern. Schaffen wir es, als BGM-Beratende der steigenden Relevanz von Gesundheitsförderung und den neuen Anforderungen der Arbeitswelt durch die Pandemie gerecht zu werden, wird die Nachfrage BGM- und BGF-Maßnahmen 2021 enorm steigen. Aber was genau sind Anforderungen an das BGM in 2021?

1. Digitale Angebote etablieren

Die Corona-Krise hat die BGM-Branche zunächst stark getroffen und in kürzester Zeit wurden alle analogen Gesundheitsmaßnahmen stillgelegt. Die Reaktion der Branche: Diverse Maßnahmen wurden in kürzester Zeit erfolgreich digitalisiert (siehe Artikel BGM in Zeiten von Corona). Aufgrund der weiterhin sehr angespannten Lage innerhalb der Corona-Pandemie und der hybriden und mobilen Arbeitsmodelle wird die Nachfrage digitaler Gesundheitsangebote im Jahr 2021 weiter steigen. Der entscheidende Erfolgsfaktor für 2021 wird sein, gegebenenfalls weitere Angebote zu entwickeln, vor allem aber die digitalen Angebote und Gesundheitsansätze, die sich bewährten haben, bei den Zielgruppen nachhaltig zu etablieren. Sabrina Sebbesse kann mit den Erfahrungswerten aus 2020 festhalten, „… dass vor allem auch der Führungskraft dabei eine entscheidende Rolle zukommt. Kein anderer kann ein besseres Vorbild und Bindeglied zwischen Mitarbeiter und Maßnahme sein. Es sind die Führungskräfte, die einen Überblick über das Maßnahmenangebot haben und passende Situationen finden, um die Themen aus den durchgeführten Workshops wieder aufzugreifen und weiterzuführen. Nur so lassen sich die neuen digitalen Maßnahmen nachhaltig etablieren. Und um die Rolle als Multiplikator und Vorbild auf Distanz auszuführen, bedarf es neuer kreativer Lösungen.“

2. Handlungsfeld „mentale Gesundheit“ noch stärker im Fokus

Erste Studienergebnisse zeigen, dass die mentale Arbeitsbelastung in hybriden oder mobilen Arbeitsmodellen steigt. Waren doch in Präsenzzeiten zeitliche Puffer zwischen den Terminen, um von A nach B zu kommen, fühlen sich die digitalen Termine im Homeoffice wie ein Staccato-Stück an, das nicht enden möchte. Und so verbringt man schnell mal 60 Prozent des Arbeitstages nur in digitalen Terminen vor dem Bildschirm. Die Nutzung von Bildschirmmedien wie Laptops und Smartphones sowie die Verweildauer in sozialen Netzwerken steigt, laut aktueller Studien der großen Verlagsgesellschaften, um mehr als 15 Prozent. Andere Beschäftigte kämpfen wiederum mit anderen Sorgen – nämlich mit dem Risiko von Kurzarbeit (Gehaltseinbußen) oder sogar Arbeitslosigkeit.

Eines gilt allerdings für alle – wochenlange Lockdowns führen zur Isolation und verstärken das Risiko, psychisch zu erkranken und Ängste, Zwänge oder Depressionen zu entwickeln. Daher wird die Relevanz des Handlungsfeldes mentale Gesundheit 2021 weiterhin deutlich ansteigen. Der Fokus liegt dabei auf Themen wie psychische Belastungsanalysen, Work-Life-Balance Strategien und dem achtsamen Umgang mit digitalen Medien und Kommunikationstools. Unternehmen sollten ihre Beschäftigten bei der Stärkung der Resilienz unterstützen und einen achtsameren Arbeitsalltag fördern.

3. Renaissance des Gesundheitstags?

Aktuell befinden wir uns wiederholt in einem Lockdown, ein tatsächliches Ende der Pandemie ist nicht in Sicht, die gestarteten Impfungen versprechen jedoch Hoffnung auf Normalität. Wird es wieder verstärkt zu Präsenz am Arbeitsplatz kommen, wird es vielleicht eine „Renaissance“ von Gesundheitstagen geben. Ganz sicher werden diese aber auch zukünftig unter veränderten Bedingungen stattfinden. Hygieneauflagen werden uns noch eine ganze Weile begleiten, womit sich auch die Art und Durchführung von Maßnahmen vor Ort verändert. Sabrina Sebbesse ist sich bei ihrer Einschätzung ziemlich sicher: „Der Gesundheitstag wird als echter Klassiker der betrieblichen Gesundheitsförderung mit seiner Wiederauferstehung ganz sicher gefeiert werden und das gemeinsame Erleben unter Kollegen, die persönliche Beratung verbunden mit einem Lächeln und Gesundheitsförderung zum Anfassen werden zum echten USP!“.

4. Das richtige Format wählen

Sollten also Mitarbeiter nach einer möglichen Impfung in die Unternehmen zurückkehren und entsprechende analoge Gesundheitsangebote neu aufgelegt werden, steht das BGM erneut vor einer Herausforderung. Welche Gesundheitsangebote sollten nun mit dem Erfahrungswert des letzten Jahres bei den entsprechenden Zielgruppen forciert werden? Hierbei sollte sich bei jeder Maßnahme die Frage gestellt werden, mit welchem Format (digital/analog) maximiere ich die mögliche Ziel- und damit auch die Teilnehmergruppe. Eine Lösung könnte darin liegen, beide Programme anzubieten beziehungsweise hybride Modelle zu entwickeln, eingebettet in ein überzeugendes formatspezifisches Kommunikationspaket. Solche Lösungen erreichen sowohl mobil arbeitende Mitarbeiter als auch Kollegen, die im Unternehmen direkt tätig sind. So können Reichweiten maximiert und die entsprechenden KPIs/Ziele gesteigert werden. Der Erfolgsfaktor beider Formate ist jedoch gleich und unumgänglich – das Angebot muss durch Multiplikatoren und Führungskräfte vor- und nachbereitet werden, um es nachhaltig zu implementieren.

5. Persönliche Momente im virtuellen Raum

2020 gab es so viele digitale Gesundheitsangebote wie nie zuvor. Es ist kaum noch möglich, im Dschungel der Dienstleistungsangebote den Überblick zu behalten. So haben neben BGM- Dienstleistern auch viele Fitness-Studios, Personal-Trainer und -Coaches sowie Physiotherapie-Praxen ihre Angebote digitalisiert und in die BGM-Branche implementiert. Unternehmen, die ihre Maßnahmen und Gesundheitsangebote mit sinnvollen KPIs und Kennzahlen geprüft haben, registrierten in vielen Bereichen nach einer kurzen Euphorie-Phase entsprechend auch schnelle Abbrüche und Reichweitenverluste. Größere Gesundheitsplattformen erreichen in Unternehmen teilweise weniger als 1 Prozent Anmelde- und Aktivitätsquote innerhalb einer Maßnahme. Das Problem rein digitaler Angebote ist und bleibt eine fehlende persönliche Interaktion und Motivation. Findet kein „persönlicher Bindungsmoment“ statt, fallen Engagement und Involvement bei den Beschäftigten in kürzester Zeit ab. Dieses Defizit lässt sich nachvollziehbar mit dem Fitness-Studio „um die Ecke“ vergleichen. Entscheidend ist immer der mitreißende Trainer, der mit seiner motivierenden Persönlichkeit die letzten Energiereserven aus einem herauslocken kann und damit einen Trainingseffekt schafft. Ein Trend für 2021 wird es daher sein, (digitale) Angebote zu schaffen, die diesen „persönlichen Moment“ kreieren und uns innerhalb des Gesundheitsangebots so nachhaltig motivieren. Sogenannte Blended-Learning-Lösungen (Integriertes Lernen) könnten hierbei in Kombination mit persönlichen Angeboten wie Vorträgen oder Coachings ein optimales Format darstellen. Schaffen es die Mitarbeiter, ihren persönlichen Moment in ein Selbstlernprogramm zu überführen, bei dem der vertraute Coach an ihrer Seite bleibt, gelingt der Erfolg für einen positiven Trainingseffekt oder sogar eine Verhaltensänderung.

Wagen wir eine Prognose für das neue Jahr, sollte uns bewusst sein, dass 2021 zunächst im Schatten des alten Jahres stehen wird. Die digitale Geschwindigkeit in unserem Alltag bleibt, Beschäftigte arbeiten weiterhin in mobilen oder in hybriden Arbeitsmodellen. In diesen anspruchsvollen und unsicheren Zeiten sollte ein erfolgreiches BGM originell und dynamisch sein. Wenn wir es schaffen, kreative und individuelle Gesundheitsangebote für Mitarbeiter zu kreieren, wird das BGM zum Lichtblick in Zeiten von Lockdowns und Tristesse im Berufsalltag.

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Jan-Frederik Kolthoff, Geschäftsführer von Move Up

Jan-Frederik Kolthoff

Geschäftsführer
Move UP Gesellschaft für Gesundheitsmanagement mbH
Jan-Frederik Kolthoff ist Geschäftsführer bei Moveup, dem Anbieter von Yoga connects, Ergonomie Coach und Eat2b.

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